Eine Sorte Lehrer, die wir meiden sollten
Patrul Rinpoche
Auszug aus »Die Worte meines vollendeten Lehrers«
Auf der anderen Seite gibt es eine Sorte Lehrer die wir meiden sollten!
Ihre Merkmale sind folgende:
Der Lehrer, der wie ein hölzerner Mühlstein ist
Diese Lehrer besitzen nicht die Spur von den Qualitäten, die sich aus Studium, Nachdenken und Meditation ergeben. Sie meinen, sie selbst und ihre Nachkommen seien allen anderen überlegen, weil sie doch der erhabene Sohn oder Neffe diesen oder jenen Lamas sind, und sie verteidigen ihre Stellung wie Brahmanen ihre Kaste. Auch wenn sie ein bisschen studiert, nachgedacht und meditiert haben, so nicht etwa mit der lauteren Absicht, sich für zukünftige Leben zu bemühen, sondern aus weltlicheren Gründen – um ihren religiösen Machtbereich mit seinen Pfründen nicht zu verlieren. In ihrer Eignung, den Geist von Schülern zu zähmen, kommen sie einem aus Holz geschnitztem Mühlstein gleich.
Lehrer, die dem Frosch gleichen, der in einem Brunnen lebte
Obwohl Lehrern dieser Art jede spezifische Qualität fehlt, die sie von gewöhnlichen Leuten unterscheidet, werden sie von diesen blindgläubig und ohne jede Prüfung auf ein Podest gehoben. Aufgebläht aufgrund der Ehren und Zuwendungen die man ihnen erteilt, erkennen sie die echten Qualitäten großer Lehrer nicht und gleichen dem Frosch, der in einem Brunnen lebte:
Ein alter Frosch, der Zeit seines Lebens in einem Brunnen verbracht hatte, erhielt eines Tages Besuch von einem anderen Frosch, der am Ufer des Meeres lebte.
»Woher kommst du?« fragte der Brunnenfrosch.
»Vom großen Meer«, sagte sein Gast.
»Wie groß ist dein Meer?« wollte der Brunnenfrosch wissen.
»Es ist riesig.«
»Etwa ein Viertel der Größe meines Brunnens?«
»Oh! Viel größer!« rief der Frosch, der von Meeresufer kam.
»Halb so groß?«
»Nein, viel größer.«
»Also die gleiche Größe wie mein Brunnen?«
»Nein! Nein! Viel, viel größer.«,
»Ausgeschlossen!« sagte der Brunnenfrosch »Das will ich mit eigenen Augen sehen.«
Die beiden Frösche machten sich auf den Weg, und der Brunnenfrosch soll, als er das Meer sah, in Ohnmacht gefallen und sein Kopf zerplatzt sein.
Wildgewordene Führer
Dies sind Lehrer, die sehr wenig wissen und die sich nie darum bemüht haben, einem gelehrten Meister zu folgen und sich in den Sütras und Tantras zu üben. Ihrer ausgeprägten negativen Gewohnheiten und geringen geistigen Achtsamkeit wegen sind sie lasch im Einhalten der Samayas und Gelübde. Sie sind von niedrigerer Gesinnung als gewöhnliche Leute, äffen aber die Siddhas nach und spielen sich auf, als wäre ihr Verhalten höher als der Himmel. Sie sind jähzornig und eifersüchtig und unterbrechen damit die Lebensader der Liebe und des Mitgefühls. Alle, die sich von ihnen leiten lassen, geraten auf Abwege.
Blinde Führer
Lehrer, deren Qualitäten den unseren in keiner Weise überlegen sind und denen die Liebe und das Mitgefühl des Erleuchtungsgeistes fehlen, nicht imstande, uns die Augen für das zu öffnen, was getan und was nicht getan werden sollte.
Zusammenfassende Verse:
Manche verteidigen ihre Kaste wie Bramahnen,
Und tauchen aus Angst um ihre Pfründe
In eine Imitation von Studium und Nachdenken ein.
Solche Führer gleichen einem aus Holz geschnitzten Mühlstein.Manche, obwohl nicht anders als das gewöhnliche Volk,
Werden getragen von der dümmlichen Verehrung der Leute.
Stolzgeschwellt von all den Ehren, Opfergaben und Vorteilen,
Gleichen Lehrer wie diese dem Frosch in seinem Brunnen.Manche haben wenig Wissen und vernachlässigen ihre Samayas und Gelübde,
Von gemeiner Gesinnung, ist ihr Gebaren über die Erde erhaben;
Sie haben die Lebensader des Mitgefühls und der Liebe durchtrennt -
Mit wildgewordenen Führern wie diesen wird alles Übel noch vermehrt.Besonders jenen zu folgen, die nicht besser sind als ihr,
Die kein Bodhichitta haben und nur an ihrem Ruhm interessiert sind,
Wäre ein riesiger Fehler. Mit Betrügern wie diesen als euren blinden Führern,
Wandert ihr tief in Finsternis hinein.
Auszug aus
»Die Worte meines vollendeten Lehrers« von Patrul Rinpoche
Ein Leitfaden für die vorbereitenden Übungen der Herzessenz der weiten Dimension des Dzogchen.
ISBN 3-924195-72-2
© Beim Verlag
Mit freundlicher Genehmigung des Arbor
Verlages,
http://www.arbor-verlag.de Zechenweg 4, 79111 Freiburg,
Tel (0)761.40140930, Fax
(0)761.40140931, Email: info@arbor-verlag.de