Vorab

Diese Seite widmet sich dem Ausstieg aus ›Sekten‹ bzw. dem Ausstieg aus destruktiven ›Kulten‹.

Neben den nachfolgenden Informationen bietet auch die Internetseite des Dipl. Psychologen Dieter Rohmann Informationen bzw. professionelle Seminare zum Sektenbausstieg an. Zwei hilfreiche Listen zu Symptomen nach einem Sektenausstieg sind hier zu finden:

In „Report Psychologie“ 4/94, 8/98 und 10/99 finden sich Fachartikel zum Thema Sekten und destruktive Kulte sowie eine Zusammenfassung des Abschlussberichtes der Enquete-Komission des Deutschen Bundestages „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“. Das Buch „Psychomarkt, Sekten, Destruktive Kulte“, Hrsg. Werner Gross, aus dem Deutschen Psychologen Verlag, fasst die wesentlichen Dinge zum Thema ‚Sekten - destruktive Kulte und Ausstieg‘ aus psychologischer Sicht zusammen.

Juni/2007 - Juli/2009

Überblick

Der Ausstieg aus einer Sekte - Strategien zur Problembewältigung: Beratung und Therapie

von Dipl. Psych. Beate Roderigo · Report Psychologie 19 (4/1994)

1. Einleitung

Der Ausstieg aus einer Sekte oder einer religiösen Bewegung mit seinen Begleiterscheinungen stand lange Zeit abseits des wissenschaftlichen Interesses von Religionspsychologen und -Soziologen. Ihre Aufmerksamkeit galt der Konversion, dem Bekehrungsprozeß, der als umfassender und radikaler Wandel der Person und ihres Lebens definiert wurde. Mit der Dekonversion, die als ebenso radikaler Wandel betrachtet werden kann, haben sich erst in den letzten Jahren einige wenige - vorwiegend amerikanische - Wissenschaftler befaßt und Studien zum Thema durchgeführt (z. B. Wright, Jacobs, Galanter).

Verfolgt man die Berichterstattung in den Medien oder Veröffentlichungen der sog. Antikultbewegung, so gewinnt man den Eindruck, daß es für denjenigen, der in die „Fänge“ einer Sekte gerät, kein Entrinnen mehr gibt. Angesichts dieses veröffentlichten Bildes sind die Ergebnisse einiger quantitativer Untersuchungen, die sich mit der Häufigkeit des Ausstiegs aus religiösen Gemeinschaften beschäftigen, allerdings verblüffend. Hier wurden übereinstimmend relativ hohe Ausstiegsquoten ermittelt (s. Wright). So fand beispielsweise Judah (1978) heraus, daß über 50% der Mitglieder der Vereinigungskirche diese innerhalb eines Jahres wieder verlassen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine in Großbritannien durchgeführte Studie (Beckford, 1981), die sich ebenfalls auf die Vereinigungskirche bezog. Danach verließen innerhalb der ersten zwei Jahre mehr als 75 % die Bewegung. Andere Autoren konstatieren sogar bei verschiedenen Gruppierungen eine Ausstiegsquote von ca. 90 % im Verlauf von zwei Jahren (s. Wiesberger). Insgesamt legen die vorhandenen Studien die Schlußfolgerung nahe, daß die Neureligiösen Bewegungen nur einen geringen Prozentsatz an Langzeitmitgliedern aufweisen. Obwohl die hohe Ausstiegsrate unbestritten ist, hat dies kaum Einfluß auf die weitverbreitete Vorstellung, daß Sektenmitglieder grundsätzlich einer Gehirnwäsche unterzogen bzw. programmiert werden und so gut wie keine Ausstiegschancen haben.

Der Ausstiegsprozeß verläuft typischerweise in zwei Phasen, die durch eine Zäsur voneinander getrennt sind: den Moment des Austritts aus der Gruppe. Vor dem Austritt liegt die Phase der De-Sozialisation, der allmählichen Entfremdung und Aufgabe gruppenspezifischer Denk- und Verhaltensmuster. Nach erfolgtem Austritt beginnt die Phase der Re-Sozialisation in die konventionelle Gesellschaft.

2. Formen des Ausstiegs

Es werden drei Formen des Ausstiegs unterschieden:

  • Exiting: Der freiwillige, selbstveranlaßte Austritt des Mitglieds, der öffentlich, offen oder heimlich vollzogen werden kann.
  • Expulsion: Das Mitglied wird zum Verlassen der Gruppe gezwungen.
  • Extraction: Der Ausstiegsprozeß wird durch Außenstehende initiiert. Hier kann die zwanglose Form der überzeugenden Interaktion von den Zwangsformen der De-Programmierung unterschieden werden.

2.1 Exiting: der freiwillige Austritt

Der freiwillige Austritt ist Ergebnis eines längeren Entwicklungsprozesses. Der Aussteiger hat in der Regel genügend Zeit, seine Entscheidung zu überdenken, Alternativen zu erwägen und seinen Schritt rational zu begründen. Ein längerer, ungestörter und nicht forcierter Ausstiegsprozeß ist für eine positive Bewältigung des Erlebten förderlich. Berichte von Freiwilligen sind im allgemeinen gekennzeichnet durch größere Toleranz und Flexibilität bei der Bewertung der eigenen Erfahrungen und der Beurteilung des Sektenengagements anderer.

2.2 Expulsion: der Ausschluß eines Mitglieds

Diese Ausstiegsform kommt weitaus seltener vor als der freiwillige Austritt. Kritik, öffentlich geäußerte Zweifel und bewußtes Verstoßen gegen die Gruppenregeln führen, falls sie nicht mit den gruppeninternen Methoden „bereinigt“ werden können, in vielen Fällen zum Ausschluß der betreffenden Person.

Wer als psychisch instabil gilt (ein Etikett, das ganz unter der Definitionsmacht der Gruppe bzw. ihres Führers steht), wird in der Regel aufgefordert, die Gruppe zu verlassen. In vielen Sekten führt dies dazu, daß das Ausüben von Kritik mit psychischer Labilität gleichgesetzt wird. Wenn ein Mitglied krank wird oder in finanzielle Schwierigkeiten gerät, so daß es sich nicht am weiteren Aufbau der Gruppe beteiligen kann, riskiert es, fallengelassen zu werden. Störende Einflüsse von außen, die durch ein Mitglied verursacht werden (z.B. rebellische Angehörige), können ebenfalls zum Ausschluß führen.

2.3 Extraction: der von außen provozierte Ausstieg

In vielen Fällen kommt der Impuls zum Ausstieg von außen, d.h. von Menschen, die den Sekteneintritt eines Verwandten oder Freundes nicht stillschweigend akzeptieren wollen. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Vorgehensweisen:

  1. die Re-Evaluation: durch Unterbreitung überzeugender Informationen
  2. die Deprogrammierung: durch Anwendung von Zwangsmaßnahmen.
2.3.1 Re-Evaluation

Bei der Re-Evaluation wird der Aussteiger in eine diskursive Auseinandersetzung verwickelt mit dem Ziel, ihn zu einer Neubewertung seiner Mitgliedschaft zu bewegen. Dabei kommt es vor allem auf die Überzeugungskraft der Argumente an. Sie sollten auf gesicherten, nachweisbaren Informationen beruhen, aus seriösen Quellen stammen, logisch und in sich widerspruchsfrei präsentiert und mit persönlicher Glaubwürdigkeit vorgetragen werden.

Zwei Faktoren sind für den Erfolg der Bemühungen von Bedeutung:

  1. die Dauer der Sektenzugehörigkeit
  2. die Tragfähigkeit der Beziehung, die zwischen dem Sektenmitglied und dem „Rausholer“ besteht.

Der Re-Evaluationsprozeß unterscheidet sich zwar deutlich vom Deprogrammieren, dennoch kann der psychische Druck, der auf das Sektenmitglied ausgeübt wird, sehr groß sein. Nicht selten kommt es während des Prozesses zum Ausbruch extremer Emotionen, zu Schuldzuweisungen und persönlichen Angriffen.

2.3.2 Deprogrammierung

Die Deprogrammierung hat aufgrund der spektakulären Vorgehensweise große Popularität erhalten. Sie wurde vorwiegend in den 70er und frühen 80er Jahren in den USA, aber auch in der Bundesrepublik durchgeführt. Obwohl die Deprogrammierung in beiden Ländern verboten ist, riskieren immer wieder verzweifelte Angehörige von Sektenmitgliedern eine Verurteilung wegen Körperverletzung, um die - wie sie glauben - einzige Chance wahrzunehmen, die Betreffenden zu „befreien“. Sie nehmen dafür die Dienste professioneller Deprogrammierer (meistens ehemalige Sektenmitglieder, die selbst deprogrammiert wurden) in Anspruch und sind bereit, stattliche Honorare zu zahlen. Die Methode umfaßt Kidnapping, erzwungenen Aufenthalt an einem geheimen Ort, Schlafentzug, ständige Beaufsichtigung und permanente verbale Konfrontation. Nicht selten kommt es dabei auch zu physischer Gewaltanwendung.

Die Legitimation für ihre Vorgehensweise ziehen die Deprogrammierer aus der Gehirnwäsche-Theorie, die den Beitritt in eine Sekte ausschließlich auf die Anwendung manipulativer Psychotechniken zurückführt. Verfechter dieses Modells glauben, daß Sektenmitglieder durch Suggestion, Hypnosetechniken und Konditionierungsmethoden auf die Ideologie und die Ziele der Gruppen hin programmiert werden. Wirksame Hilfe kann demnach nur durch eine Ent- oder Gegenprogrammierung erreicht werden. Zu Recht werfen Kritiker den Deprogrammierern vor, das gleiche Verfahren anzuwenden, das sie den Sekten unterstellen: Bekehrung unter Zwang.

3. Ursachen des Ausstiegs

Was bringt nun einen Menschen dazu, freiwillig und gegen erhebliche innere und äußere Widerstände eine Sekte zu verlassen? Stuart Wright hat fünf Faktoren identifiziert, die die Wahrscheinlichkeit des Ausstiegs erhöhen bzw. als Initialzündung für den Ausstiegsprozeß wirken können:

  1. Die Isolation der Sektenmitglieder von gesellschaftlichen Einflüssen ist nicht perfekt: Es kommt zu Interaktion und Kommunikation mit Menschen außerhalb der Gruppe.
  2. Es entwickeln sich intensive Zweierbeziehungen innerhalb der Sekte: Interne Kontrollmaßnahmen und Praktiken zur Verhinderung solcher intimer Beziehungen sind wirkungslos (z.B. zölibatäre Lebensformen bei Hare Krishna oder Ananda Marga, arrangierte Ehen bei der Vereinigungskirche oder Promiskuität bei der Osho-Bewegung).
  3. Die persönliche Opferbereitschaft der Sektenmitglieder schwindet, da sich der erhoffte Erfolg der Missionierungsbemühungen nicht einstellt.
  4. Die affektiven Bedürfnisse der Mitglieder werden nicht erfüllt: Trotz familiärer Anreden (Vater, Mutter, Schwester, Bruder) kann die Illusion einer intakten „Familie“ nicht aufrechterhalten werden.
  5. Das Verhalten der Führung steht im offensichtlichen Widerspruch zu den proklamierten Idealen. So löste z.B. die Verhaftung und Anklageerhebung gegen Bhagwan in den USA eine Austrittswelle aus. Die Verurteilung des Otto Mühl, Gründer und Führer der AAO, der Aktionsanalytischen Organisation, wegen Kindesmißbrauchs führte zum Zusammenbruch seiner Bewegung.

Wenn der Ausstiegsprozeß bei einem Sektenmitglied erst einmal in Gang gesetzt wurde, so bedarf es zum Vollzug des Ausstiegs noch eines auslösenden Moments, eines Ereignisses, das für den Ausstiegswilligen Signalwirkung hat. Anderen Personen kann dieses Ereignis völlig bedeutungslos erscheinen. Für denjenigen, der schon tiefe Zweifel in sich trägt, kann es der berühmte Tropfen sein, der das Faß zum Überlaufen bringt.

4. Probleme nach dem Ausstieg

Es gibt viele Übergangsphasen im Leben eines durchschnittlichen Erwachsenen, die mit dem Austritt aus einer Sekte vergleichbar sind: Abschluß der Berufsausbildung bzw. Studienabschluß, Heirat, Familiengründung, Berufswechsel, Umzug in eine andere Stadt, Region oder Kultur kreis, das Ende einer intimen Beziehung, Scheidung, der Verlust oder Tod eines geliebten Menschen u. v. m.. Diese Übergangsphasen werden als normale Abschnitte des Lebenszyklus betrachtet. Nichtsdestotrotz können sie schwerwiegende Persönlichkeitskrisen auslösen und dem Betroffenen große Probleme bereiten.

Einige Autoren, vorwiegend solche, die der amerikanischen Antikult-Bewegung nahestehen, vertreten die Ansicht, daß es sich bei den Folgen einer Sektenmitgliedschaft um ganz spezielle Auswirkungen handele, die mit denen anderer krisenhafter Situationen nicht vergleichbar seien. So berichtet z.B. die Psychologin Margaret Singer von der auffälligen Unfähigkeit unter deprogrammierten Sektenmitgliedern, positive Aspekte ihrer Sektenerfahrung wahrzunehmen (s. Wiesberger). Dagegen ergaben Untersuchungen, an denen nur freiwillige Aussteiger teilnahmen, daß viele von ihnen das in der Sekte Erlebte auch positiv bewerten konnten. So gaben 67 % der von Wright befragten Aussteiger an, durch die Erfahrungen „wiser“ geworden zu sein. In einer anderen Studie (Galanter) bestätigte eine große Mehrheit (89 %) die Aussage „got some positive things“ aus ihrer Mitgliedschaft.

Von allen o.a. Übergangsphasen läßt sich der Sektenausstieg wohl am ehesten mit der Scheidung vergleichen. In seiner Studie weist Stuart Wright auf die Analogie dieser beiden Trennungsformen hin. Für ihn ist die vergleichende Analyse von Scheidung und Sektenausstieg die Methode der Wahl, um mehr Verständnis für die spezifischen Probleme von Ex-Sektenanhängern zu erlangen. Eine Methode, die seiner Meinung nach viel ergiebiger ist als das Vorgehen der „Gehirnwäsche“-Theoretiker, die den Vergleich zwischen einer Sekte und einem Kriegsgefangenenlager bevorzugen.

Ich möchte hier nicht im einzelnen auf spezielle Probleme eingehen, sondern Ihnen lediglich einen Überblick über die möglichen Folgen für den Aussteiger geben:

  • Einsamkeitsgefühle, Verlassenheitsängste
  • Depressionen
  • Schuldgefühle den Familienmitgliedern und früheren Freunden gegenüber, aber auch gegenüber den in der Sekte zurückgebliebenen Freunden
  • Beziehungsprobleme; Schwierigkeiten, neue Kontakte aufzubauen, Vertrauensverlust
  • Orientierungsprobleme („Wie soll das Leben weitergehen?“)
  • Schwierigkeiten oder gar Unfähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, mit den Anforderungen des Alltags zurechtzukommen
  • Probleme mit der Ambivalenz der Gefühle 
  • Bedrohungsgefühle, Angst vor Rache und Vergeltung durch andere Sektenmitglieder, aber auch aufgrund der verinnerlichten Ideologie (Angst vor der Strafe Gottes, dem Satan, dem Jüngsten Gericht, vor Katastrophen, die der Abtrünnige zu verantworten hat)
  • Verlust von Selbstwertgefühl, Unfähigkeit, die Sektenerfahrung in die eigene Biographie zu integrieren
  • intellektuell-kognitive Probleme aufgrund der Einschränkung des selbständigen Denkens und der Kritikfähigkeit während der Mitgliedschaft
  • Probleme mit Konditionierungen (z.B. Gedankenstopp-Rituale).

5. Psychologische Beratung und Therapie

Psychologische Beratung im Sinne dieses Referates ist keine Ausstiegsberatung. Letztere will mittels verschiedener Interventionsmethoden ein Sektenmitglied zum Austritt bewegen und wird zumeist von Angehörigen in Anspruch genommen (s. Hassan). Hier geht es dagegen um die psychologische Begleitung des Resozialisationsprozesses, nachdem der Austritt bereits vollzogen wurde.

5.1 Zielsetzungen

Beim Resozialisationsprozeß lassen sich drei Phasen unterscheiden, die jeweils durch spezifische Probleme gekennzeichnet sind:

1. Die Phase des Floatings, die sich unmittelbar dem Ausstiegsmoment anschließt. Floating bezeichnet den Zustand des Treibens zwischen zwei Welten, zwischen der Sektenrealität und der gesellschaftlichen Realität. Die Welt der Sekte bietet dem Aussteiger keine Heimat mehr. Der neuen bzw. der alten gesellschaftlichen Wirklichkeit, die ja ursprünglich der Anlaß für seinen Eintritt in die religiöse Gemeinschaft war, kann er aber nach wie vor keine positiven Seiten abgewinnen. In dieser Zeit durchlebt das ehemalige Sektenmitglied alle Stadien der Wut, des Hasses, der Verzweiflung, der Trauer, der Enttäuschung usw.. Beratung und Therapie können hier helfen, einerseits die Sektenerfahrung bewußt zu verarbeiten und andererseits Interpretationsmuster zu entwickeln, die dem Aussteiger ein für ihn sinnvolles Leben in der Gesellschaft ermöglichen.

2. Die Phase des Re-Entry: Hier handelt es sich um den bewußt und aktiv vollzogenen Wiedereintritt in die gesellschaftlichen Strukturen. Dabei steht die Bewältigung praktischer Probleme im Vordergrund, z.B. Wohnungssuche, Wiederaufnahme bzw. Abschluß der Ausbildung, Arbeitssuche, Aufbau neuer sozialer Kontakte oder - falls möglich - Reaktivierung alter Kontakte. In dieser Zeit hat Beratung und Therapie vorwiegend die Aufgabe, den Aussteiger bei seinen ersten Gehversuchen in unbekanntem bzw. fremd gewordenem Terrain wohlwollend zu begleiten und zu stützen. Besonders hilfreich ist hier die Unterstützung durch eine Selbsthilfegruppe ehemaliger Sektenmitglieder.

3. Die dritte Phase ist die der kognitiven Reorganisation. Beratung und Therapie können hier im wesentlichen dazu beitragen, daß der Aussteiger zu einer Neubewertung seiner Sektenerfahrung kommt und in der Lage ist, diese in seinen Lebenslauf zu integrieren. Intensive emotionale Reaktionen lassen in dieser Phase nach und machen einer ausgewogeneren Haltung Platz. Die Zeit der Mitgliedschaft kann nun als „lehrreicher und wertvoller Lebensabschnitt“ interpretiert werden, „wobei in der Regel differenziert wird zwischen dem Nutzen für die persönliche Entwicklung und den Fehlentwicklungen, die in der Gruppe stattfanden“ (Wiesenberger).

5.2 Beratungs- und Therapiebedarf

Es gibt meines Wissens nach keine umfassenden empirischen Untersuchungen, aus denen belegbare Aussagen über den Beratungsbedarf abgeleitet werden könnten. Demnach besteht in erster Linie erst einmal ein erhöhter Forschungsbedarf! Was die Notwendigkeit von psychologischer Beratung und Therapie betrifft, kann man mit Sicherheit nur eines sagen: Nicht jeder Aussteiger braucht professionelle Hilfe.

Wie in jedem anderen Problembereich hängt die Indikationsstellung von mehreren Variablen ab. Dazu gehören u. a. die Symptomatik vor dem Sekteneintritt, die Dauer der Sektenzugehörigkeit, die Stärke der Isolation von der Außenwelt während der Mitgliedschaft, die Anwendung pseudo-therapeutischer Methoden und Psychotechniken innerhalb der Gruppe, das soziale Umfeld nach dem Ausstieg (Familie, berufliche Situation usw.) und die Persönlichkeitsstruktur des Aussteigers.

5.3 Methoden und Verfahrensweisen

Wie aus der Psychotherapieforschung bekannt ist, gibt es keine therapeutische Methode, die per se in ihrer Wirksamkeit anderen Methoden überlegen ist. Der Therapieerfolg hängt vielmehr in erster Linie von der Therapeut-Klienten-Beziehung ab. Wichtige Bedingungen sind die Freiwilligkeit des Klienten und die akzeptierende und nicht bewertende Grundhaltung des Therapeuten. Dennoch gibt es einige Verfahrensweisen, die in der Praxis erprobt wurden und sich besonders bewährt haben. Dazu gehören:

  • Selbsthilfegruppen (Betroffene/Angehörige)
  • Themenzentrierte Gesprächsgruppen
  • Familientherapie/-beratung
  • Kommunikationstrainings in Gruppen
  • Soziale Kompetenzprogramme in Gruppen
  • Einzelgespräche
  • Kognitive Umstrukturierung

(Näheres s. Petermann.)

Sinnvoll und wünschenswert wäre es, mit wachsender Erfahrung und Kompetenz auf diesem Sektor ein Beratungskonzept zu erarbeiten, das alle relevanten Faktoren einschließt und als Leitfaden den in der Beratung/Therapie ehemaliger Sektenmitglieder tätigen Personen verfügbar zu machen.

5.4 Zur Notwendigkeit spezieller Kenntnisse

Für eine effektive Beratung ehemaliger Sektenmitglieder bedarf es neben der fachlichen Kompetenz auch einiger spezieller Kenntnisse. Der Berater oder die Beraterin sollten über grundlegendes Wissen in bezug auf Strukturen, Ziele und Methoden von Sekten und Neureligiösen Bewegungen verfügen. Falls für den Einzelfall detaillierte Kenntnisse über eine bestimmte Gruppierung oder Ideologie erforderlich sein sollten, können diese in Kooperation mit den staatlichen Dokumentationsstellen, kirchlichen Sektenbeauftragten oder Elterninitiativen erworben werden.

Sektenaussteiger sind aufgrund der Indoktrination durch die Gruppe oft sehr mißtrauisch gegenüber anderen Menschen, empfinden sich als unverstandene und nicht ernstgenommene Außenseiter. Für den Aufbau einer tragfähigen und produktiven Therapeut-Klienten-Beziehung kann es daher von Nutzen sein, wenn der Ratsuchende seinen Gesprächspartner nicht nur fachlich, sondern auch in inhaltlicher Beziehung als kompetent erlebt. Darüber hinaus sind einige Symptome und Reaktionen (z.B. Ängste, Konditionierungen, ritualisierte Handlungen usw.) ohne Hintergrundwissen für den Berater nicht richtig einzuordnen und können zu folgenreichen Mißverständnissen führen. Ein weiterer beachtenswerter Aspekt ist die strukturelle Ähnlichkeit und vergleichbare Zielsetzung von Psychotherapie einerseits und den Selbstfindungs- und Problemlösungsangeboten der Sekten andererseits. Wenn es dem Therapeuten nicht gelingt, hier klare Grenzen und Unterschiede aufzuzeigen, besteht die Gefahr, daß der Aussteiger wieder in alte Interpretations- und Reaktionsmuster zurückfällt.

Das größte Risiko für einen Therapieerfolg liegt aber in der Person des Therapeuten selbst! Er läuft Gefahr, zum neuen Guru des Aussteigers zu werden. Der Aussteiger sucht einen Ersatz für seinen abhanden gekommenen Gott, Vater oder Guru, und sein Bedürfnis nach Abhängigkeit und Unterwerfung schwebt bindungslos im Raum. Auf der anderen Seite steht ein Mann oder eine Frau, ein Mensch jedenfalls, der einer Berufsgruppe angehört, die sich zu einer „elitären Sekte“ von modernen Sehern und Heilern entwickelt und weite Bereiche in der Gesellschaft okkupiert, die ursprünglich der Religion vorbehalten waren. 

Auf die Gefahr hin, Sie vollends zu verärgern und einen vielstimmigen Aufschrei der Entrüstung zu ernten, will ich hier mit der Behauptung schließen: In jedem von uns steckt ein kleiner Guru! Wie sonst hätten wir diese Profession gewählt?!

Zusammenfassung

„Ich war nun froh, diesem Alptraum entronnen zu sein und wollte mein ursprüngliches, ganz normales Leben wieder aufnehmen. Ich mußte jedoch feststellen, daß dies nicht mehr möglich war. Ich hatte mich verändert und verstand die Welt nicht mehr. … Ich konnte mich nicht verständlich machen und man verstand mich nicht. … Ich fühlte mich sehr hilflos und entsetzlich einsam.“ (s. Eiben et al.)

Dieses Zitat einer Betroffenen vermittelt einen Eindruck von der psychischen Situation, in die Menschen nach dem Ausstieg aus einer „Sekte“ geraten können. Die Referentin beschäftigt sich hierin mit dem Phänomen des Sektenausstiegs, den möglichen Folgen für das Ex-Mitglied und einigen relevanten Aspekten für Beratung und Therapie.

Literatur

BROMLEY, D.G., & RICHARDSON, J.T., (1983). The Brainwashing/Deprogramming Controversy: Sociological, Psychological, Legal and Historical Perspectives. Studies in Religion and Society, 5, 1 - 367.

EIBEN, J., GERNAND, D., HEBELER, A., MENGE, G., & RODERIGO, B., (1991). Im Netz der Sinnverkäufer. Ergebnisse einer Tagung. Krefeld: Verlag Norbert Potthoff.

GALANTER, M., (1989). Cults - Faith, Healing and Coercion. New York: Oxford, University Press.

GROM, B., (1992). Religionspsychologie. München: Kösel-Verlag und Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

HASSAN, S., (1993). Ausbruch aus dem Bann der Sekten. Hamburg: Rowohlt.

HASSAN, S., (1993). Sekten: Moderne Sklavengesellschaften. In: Psychologie Heute, 6/1993, 30-37.

JACOBS, J., (1987). Deconversion from Religious Movements: An Analysis of Charismatic Bonding and Spiritual Commitment. Journal for the Scientific Study of Religion, 26(3), 294-308.

KIND, H., (1,982). Psychotherapie und Psychotherapeuten: Methoden und Praxis. Stuttgart, New York: Thieme.

MINHOFF, C., & LÖSCH, H., (1988). Neureligiöse Bewegungen. Strukturen, Ziele, Wirkungen. München: CM-Verlag/Verlag Manz AG.

MOELLER, M.L., (1986). Zwei Personen - eine Sekte. In: Die Liebe ist das Kind der Freiheit. Hamburg: Rowohlt.

PETERMANN, F. (1984). Überblick über psychotherapeutische Angebote bei psychischen Problemen ehemaliger Sektenmitglieder. In: MESSNER, S., PFEIFER, W.-K. & WEBER, M., (Hrsg.), Beratung im Umfeld von Jugendreligionen. Vorträge und Berichte einer Fachtagung vom 3. bis 6. November 1983 in Lohmar. Göttingen: Verlag für Medizinische Psychologie. 

PFEIFER, W.-K. (1984). Beratung im Umfeld von Jugendreligionen - eine Aufgabe für Erziehungs- und Familienberatungsstellen. In: MESSNER, S., PFEIFER, W.-K. & WEBER M., (Hrsg.), Beratung im Umfeld von Jugendreligionen. Vorträge und Berichte einer Fachtagung vom 3. bis 6. November 1983 in Lohmar. Göttingen: Verlag für Medizinische Psychologie. 

RICHARDSON, J.T:, VAN DER LANS, J., & DERKS, F., (1986). Leaving and Labeling: Voluntary and Coerced Disaffiliation from Religious Social Movements. Research in Social Movements, 9, 97 - 126. 

ROTH, J. (1992). Der Weg der Glückseligkeit. Meine Tage in einer totalitären Sekte. Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Verlag. 

WIESBERGER, F., (1990). Bausteine zu einer soziologischen Theorie der Konversion. Berlin: Duncker & Humblot. 

WRIGHT, S., (1987). Leaving Cults: The Dynamics of Defection. Washington: Society for the Scientific Study of Religion, Monograph Series.

publiziert in: Report Psychologie 19 (4/94)

Mit freundlicher Genehmigung von Beate Roderigo.
07. Juli 2009

Bhikkhu Bodhis: Der Weg zur Befreiung vom Leiden

»Die Suche nach einem wirklich spirituellen Weg entspringt aus dem Leiden. Sie hat ihren Anfang nicht in Lichterscheinungen oder in Extase, sondern in Attacken von Schmerz, Enttäuschung und Verwirrung, Damit aus dem Leiden jedoch eine wahrhaftige, spirituelle Suche geboren wird, muss es zu mehr werden als etwas, das passiv von Außen angenommen wird. Es muss ein inneres Empfinden hervorrufen, eine Erkenntnis, die sich durch die leichtfertige Selbstzufriedenheit im alltäglichen Umgang mit unserer Umwelt bohrt, um uns in die Unsicherheit blicken zu lassen, die als ewiger Abgrund unter unseren Füßen klafft. Wenn diese Einsicht dämmert, und sei es nur für einen Moment, so kann dies den Sturz in eine tiefe persönliche Krise bedeuten. Gewohnte Ziel- und Wertvorstellungen werden auf den Kopf gestellt, altbewährte Erfahrungswerte der Lächerlichkeit preisgegeben, liebgewonnene Vergnügungen erscheinen schal und unbefriedigend.

Anfangs sind solche Veränderungen nicht unbedingt willkommen. Wir versuchen unsere Einsichten zu verleugnen und unsere Zweifel zu ersticken; wir ringen darum, die Unzufriedenheit durch allerlei neue Beschäftigungen zu vertreiben. Aber wenn das Feuer des Hinterfragens erst einmal entfacht ist, dann brennt es immer weiter - und wenn wir uns nicht wieder hineinziehen lassen in die oberflächliche Wiederanpassung oder zurücksinken in eine notdürftig geflickte Version unseres naturgegebenen Optimismus, dann wird eventuell das ursprüngliche Glimmen der Erkenntnis wieder aufflammen und uns mit unserem wesentlichen Zustand konfrontieren. Genau an diesem Punkt, wenn alle Fluchtwege versperrt sind, sind wir soweit, einen Weg zu suchen …«

(Auszug aus „Der achtgliedrige Heilsweg“, Verlag Beyerlein und Steinschulte, mit freundlicher Genhemigung des Verlages.)

Eine sehr persönliche Ermutigung

Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch, dass Du schon soweit bist, Dich mit diesem Gedanken zu beschäftigen. Dass Du den Mut hast, diese Seite zu besuchen, Dich Deiner Situation zu stellen, ihr ins Auge zu sehen. Das ist bereits ein riesengroßer und mutiger Schritt! Ich nenne das: spirituellen Mut.

Es kann sein, dass es Dir bei der Beschäftigung mit diesem Thema oder dem Durchgehen der Kriterien, regelrecht den Boden unter den Füßen wegzieht; dass Du wirklich Angst bekommst, den Halt verlierst. Der Impuls könnte sein, alles zu verdrängen und das Thema zurückweisen zu wollen.

Ich denke ein Teil dieser Angst entsteht aus dem Gefühl etwas sehr Wichtiges zu verlieren. Um diese Angst zu überwinden, ist es gut zu bedenken, dass Du nur gewinnen kannst: neue Erkenntnisse und eine neue Reife auf Deinem Weg zur Erleuchtung. Die Erkenntnis kann auch sein, dass alles in Ordnung ist, dann bist Du stabiler in Deiner Orientierung. Ist etwas nicht in Ordnung, erkennst Du, dass da etwas nicht stimmt, ist das wunderbar. Wenn ein Hausbesitzer erkennt, dass der Boden seines Hauses nachgibt, sollte er vernünftiger Weise sich dem Fundament und den Bedingungen des Wegsackens widmen, statt wegzusehen. So kann er sein Ziel – ein stabiles Haus zu haben – verwirklichen, ansonsten ist es nur eine Frage der Zeit, bis es umfällt. Er kann sich auch einreden (weil er Angst vor einer nüchternen Bestandsaufnahme hat und schon so viel investiert hat): Das Haus steht, es passiert nichts, alles in Ordnung, alles wird gut … und um das ungute Gefühl zu verdrängen denkt er vielleicht: ‚Das Haus steht doch gerade, nur mein Blick ist schief!‘

Aber ist das nicht Selbsttäuschung?
Und wohin führt diese? Zum Ziel?

Buddhismus heißt in Einklang mit der Wirklichkeit zu leben.

Ich kann Dir nur aus meiner eigenen Erfahrung und Beobachtung, den Gesprächen mit Betroffenen ein Angebot machen, Deine Situation zu reflektieren, es kann sein, dass manches zutrifft, manches nicht, aber vielleicht hilft es Dir weiter.

Ein paar Gedanken dazu:
Man beschäftigt sich natürlich erst mit solchen Dingen, wenn die Zweifel in einem so überhand nehmen, dass man sie nicht mehr leugnen kann. Auf der rosaroten Wolke zu sitzen und zu denken: ‚ist ja alles in Ordnung hier!‘, fühlt sich eigentlich gut an, und wer möchte nicht weiter auf einer Wolke des Glücks bleiben und wehrt alle inneren Anfechtungen am liebsten ab … Wer möchte schon von der Wolke fallen? Wer kann schon ruhig bleiben, wenn da allmählich Löcher in der Wolke sind und man droht abzustürzen?

So geht dem Ausstieg – meist – eine lange und harte Zeit des inneren Kampfes voraus, der ein wahrer Leidensweg sein kann. Sich überhaupt diesen Kampf, diese Zweifel einzugestehen, sehe ich als Fortschritt, weil man ehrlich zu sich wird, und alles Leugnen, Wegsehen und Uminterpretieren unehrlich ist und einem von jeder (erlösenden) Erkenntnis wegführt.

Was ist die härteste Erkenntnis: Ich habe mich geirrt?
Wer hat den Mut das zu denken oder zu sagen?

Was aber noch viel schlimmer ist: an wen kann ich mich wenden? Ansprechpartner in der Gruppe gibt es nicht, man sorgt sich entweder, sie damit nicht unnötig zu behelligen oder „auf falsche Pfade zu führen“ oder weiß, ein Anvertrauen sickert zum Lehrer durch (der durch das interne Informationsystem immer alles weiß – was häufig als Qualität verstanden wird, aber auch einfach nur Kontrollwahn sein kann), der einen dann „zur Rede stellt“ oder treue Anhänger bringen einen dann wieder „in die Spur“ oder man erntet nur Unverständnis oder hohle Phrasen oder: ‚Klar geh doch! Du bist ja frei!‘ (Aber der Tonfall ist eine klare Drohung oder höhnisch.)

Man hat Erfahrungen oder Vorstellungen, die dazu führen, dass man sich niemanden in der Gruppe anvertrauen kann oder will. Man ist so gebunden durch diese Vorstellungen oder Sichtweisen, dass es unmöglich ist einfach zu gehen. An Externe kann man sich auch nicht wenden, durch das konsequente Schlechtmachen von anderen religiösen oder weltlichen Autoritäten ist der Bezug zu solchen so gestört, dass man ihnen auch nicht oder nur schwer vertrauen kann.

Ex-ler der Gruppe sind eh Verdammte, zu denen will man auch nicht gehören … und es wurde so viel Schlimmes über sie gesagt … oder durch einfaches Todschweigen und nicht darüber reden, ist man tief unsicher, was mit denen ist.

Noch schwieriger wäre das Anvertrauen an Psychologen, die das Phänomen nicht oder wenig verstehen, oder an einen kirchlichen Vertreter. Irgendwie hat man vor allem und jedem irgendwie unterschwellig Angst oder Vorbehalte.

Man ist so geschlossen, so eingezirkelt, dass es keinen Ausweg zu geben scheint.
Schon an Selbstmord gedacht?
Ja?
… ist ja auch kein Weg im Buddhismus …
Was tun?

Gehen kann man auch nicht, dann würde man mit dem Guru brechen – was allerdings absoluter Nonsens ist, einem aber jahrelang so erzählt wurde – die Konsequenzen kennt man ja: Hölle und in allen zukünftigen Leben trifft man keinen Lehrer. Also besser doch bleiben und durch, man muss nur seine Illusionen beenden, sich reinigen, dann wird alles gut.

Ein anderes Kloster? Geht nicht, die sind ja alle „so degeneriert“, oder sind eine „andere Tradition“. Auch wurde ja über diese alle so schlecht gesprochen, am Ende ist da was dran?

Und so geht es ständig im Kopf hin und her.
Die anderen Gruppenmitglieder merken, das man nicht mehr so auf Linie ist und wollen einen „liebevoll zurückholen“ …
„Du mußt Zuflucht nehmen! (zur Gruppe natürlich!)“, „Rede mit dem Lehrer! (Deinem Lehrer!)“ …

Sich an andere Mitglieder der buddhistischen Sangha, der internationalen Sangha, wie ich sie nenne, zu wenden, an andere Lehrer: unmöglich! Verrat, Schuldgefühle, negatives Karma, man schadet der Gruppe, dem Lehrer, sich, wenn man das tut …

Kennst Du das?
Oder so ähnlich?

Wenn ja, ich kann Dich trösten:
Sei froh, Du wirst herausfinden!
Du wirst Menschen finden, die Dir helfen. Du wirst Schriften und Erklärungen bekommen, die Dich aus Deiner inneren und äußeren Gefangenschaft befreien. Du wirst bei einem Ausstieg keinen Schaden nehmen, sondern weiter kommen. Du brauchst nur kompetente Ansprechpartner außerhalb der Gruppe, erfahrene, reife Menschen. Vielleicht hilft Dir auch ein sehr gutes Buch zum Thema weiter. Öffne Dich für einen inspirierenden Einfluss und Hilfe von der großen Gemeinschaft der Schüler des Buddhas oder Einzelpersonen, die integer sind. Sprich, sprich über das was Dich beschäftigt.

Tritt in Kontakt durch Kommunikation und sei mutig!

erstellt: 2004-2005

Hilfreiche Bücher zum Buddhismus:

deutschsprachig:

Einführungen in den Buddhismus

Empfehlung:
Bhikkhu Bodhi: Der Buddha und sein Dhamma · Verlag Beyerlein und Steinschulte
- kompakte, klare und inspirierende Einführung zum Buddhismus (Theravada), leicht verständlich und kurz, 60 Seiten

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Weshalb Sie kein Buddhist sind von Dzongzar Jamyang Khyentse Rinpoche, 2007, Windpferd Verlag
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… erklärt auf leicht verständliche und klare Weise den Buddhismus und gibt präzise Antworten zu häufig gestellten Fragen. Es eignet sich für Anfänger und Fortgeschrittene. Inhalte: Das Wesen des Buddhismus, Buddha, Meditation, Karma, soziales Engagement, ethische Fragen, Traditionen bis zu Mönchtum, Opfergaben und Gebet. Insgesamt werden 21 Themenbereiche behandelt.

Dalai Lama: Logik der Liebe - Aus den Lehren des tibetischen Buddhismus für den Westen. Vorwort und Einführung von Michael von Brück, ISBN-10: 3442132665, Goldmann
Die englischsprachige Ausgabe: »Clarity, Kindness and Insight« gilt als Klassiker unter den Texten zur Einführung in den indo-tibetischen Buddhismus. Das Buch fasst öffentliche Vorträge des XIV. Dalai Lama zusammen, die er auf seiner ersten Amerikareise 1979 gab. Systematisch und auf das Wesentliche konzentriert, von Basis-Erklärungen bis hin zu den schwierigsten Punkten, entfaltet S.H. der Dalai Lama die Lehren des indo-tibetischen Buddhismus (Mahayana/Vajrayana).

Der Buddhismus. Eine kurze Einführung von Damien Keown, ISBN-10: 3150181453, Reclam
… beinhaltet eine Darstellung und Betrachtung aller buddh. Strömungen, mit Betonung des Mahayana; wissenschaftlich sachlich und doch sehr klar und inspirierend.

Empfehlung:
Jack Kornfield: Frag den Buddha - und geh den Weg des Herzens · Kösel Verlag
Hier ist insbesondere das Kapitel 18 „Des Kaisers neue Kleider: Probleme mit Lehrern“ sehr zu empfehlen!

Einführung in den Buddhismus. Die Harvard-Vorlesungen vom XIV. Dalai Lama, ISBN-10: 3451049465, Herder
- kompetente und anspruchsvolle Einführung zum (tibetischen) Buddhismus

Die Vier Edlen Wahrheiten. Die Grundlage buddhistischer Praxis vom XIV. Dalai Lama, ISBN-10: 3596149738, Fischer
- die Kernlehren des Buddhismus

Buddhismus. Stifter, Schulen und Systeme von Hans W. Schumann; ISBN-10: 3720526526, Diederichs
- neutrale, klare, verständliche und faktenreiche Darlegung zu allen Schulen des Buddhismus

Die Lehren des tibetischen Buddhismus vom XIV. Dalai Lama, ISBN-10: 3442215390, Goldmann
- Überblick über den komplexen Tibetischen Buddhismus

Spezielle Themen innerhalb des Buddhismus

Empfehlung:
Bhikkhu Bodhi: Der achtgliedrige Heilsweg ·  Verlag Beyerlein und Steinschulte
- Kompakte Darstellung des Befreiungsweges, incl. sehr schöner Darlegungen zur buddhistischen Ethik

Der Buddha und sein Orden ·  Verlag Beyerlein und Steinschulte
- wie der Orden des Buddha (Sangha) entstand

Empfehlung:
Dr. Alexander Berzin: Zwischen Freiheit und Unterwerfung - Gefahren spiritueller Lehrer-Schüler-Beziehungen · Theseus Verlag
- das Buch als kostenloses E-Book online
- Buchbesprechung: Tibet.de
Zusammenfassung: Alex Berzins Buch bietet konkrete und wertvolle Orientierungshilfen für heilsame Lehrer-Schüler-Beziehungen: Wie finde ich den für mich geeigneten spirituellen Lehrer? An welchen Kriterien kann ich mich orientieren? Wo liegen mögliche Stolpersteine? Wie kann ich sie umgehen? Und: Wie löse ich mich gegebenenfalls aus einem unguten Abhängigkeitsverhältnis? — ein einmaliges und hilfreiches Buch zum Thema, basierend auf traditionellen buddhistischen Schriften

Empfehlung:
Buddhistische Orientierungshilfen

L.S. Dagyab Rinpoche, Chödzong Publikationen
- die Essenz des Buddhismus vom kulturellen Hintergrund unterscheiden lernen

Empfehlung:
Buddhismus im Westen

L.S. Dagyab Rinpoche, Chödzong Publikationen
- Aufsatz zur Adaption des tibetischen Buddhismus im Westen und die auftretenden Probleme und Chancen
- das Kapitel »Tantra« kann Online gelesen werden: Tantra - Dagyab Kybgön Rinpoche

Empfehlung:
Buddha und die Wissenschaft vom Glück
von Yongey Mingyur Rinpoche, Goldmann
- exzellente Anleitungen und Erklärungen zur Meditation, zum Umgang mit Angst und mit leicht verständlichen Erklärungen zu wissenschaftlichen Hintergründen in Bezug auf die Meditation-Gehirn-Geist Beziehung, Neuroplastizität etc.

Religion und Politik im tibetischen Buddhismus von Michael von Brück, Kösel Verlag

Klassiker des tibetischen Buddhismus

Die Worte meines vollendeten Lehrers von Patrul Rinpoche, Arbor Verlag

Der mittlere Stufenweg von Je Tsongkhapa, Diamant Verlag

Der kostbare Schmuck der Befreiung von Gampopa, Theseus Verlag

Buchempfehlungen von Besuchern dieser Internetseite

Jiddu Krishnamurti: Einbruch in die Freiheit, Econ Ullstein List Verlag, München.

Buchempfehlungen der Deutschen Buddhistischen Union (DBU)

DBU - Literaturtips zum Buddhismus

englischsprachig:

Ethik der Vinaya (Ordinierte in der Mulasarvastavada Linie, indo-tibetische Tradition)

Geshe Jampa Thegchok: Monastic Rites, Wisdom Books, ISBN: 0861712374 (Bestellung zur Zeit nur über Wisdom Books möglich.)

H.H. Dalai Lama: Advice from Buddha Shakyamuni, ISBN: 8185102473 (Bestellung zur Zeit nur über Wisdom Books möglich.)

Stanzas for a Novice Monk (Nagarjuna) & Essenz of the Ocean of Vinaya (Lama Tsongkhapa),  Kommentar von Lama Mipham Rinpoche zu beiden Werken, ISBN: 8186470158 (Bestellung zur Zeit nur über Wisdom Books möglich.)

weitere englischsprachige Texte:

Empfehlung:
What Makes You Not a Buddhist von Dzongsar Jamyang Khyentse, ISBN-10: 1590304063,  Shambala Publications
Was macht jemanden zu einem Buddhisten? Anhand der Vier Siegel des Buddhismus erklärt der große Rimé-Meister die Grundlehre des Buddhismus über Vergänglichkeit, Leiden, Selbstlosigleit (Leerheit) und Nirvana. Ein klarer, moderner, kulturübergreifender, witziger und äußerst tiefgründiger Kommentar.
- Kurz-Version: Buddhism In a Nutshell: The Four Seals of Dharma
- seit September 2007 auch auf deutsch unter dem Titel: „Weshalb Sie kein Buddhist sind“ bestellbar: Windpferd Verlag; ISBN-10: 3893855459

Buddhist Ethics (Treasury of Knowledge)
Jamgon Kongtrul Lodro Taye, Snow Lion Publications
- sieses Kompendium enthält in vollem Umfang und ausführlich alle drei Arten der buddhistischen Ethik: Vinaya, Mahayana und Vajrayanaethik

The Teacher-Student-Realtionship by Jamgon Kongtrul the Great, Snow Lion Publications, transalated by Ron Garry

The Great Treatise on the Stages of the Path to Enlightenment, Tsong-Kha-Pa, Vol. 1-3, Snow Lion Publications

The Fulfillment of All Hopes: Guru Devotion in Tibetan Buddhism
Tsongkhapa, Snow Lion Publications

Tantric Ethics: An Explanation of the Precepts for Buddhist Vajrayana Practice by Tsongkhapa, Übersetzer: Jeffrey Hopkins, Wisdom Publications

The Ri-Me Philosophy of Jamgon Kongtrul the Great: A Study of the Buddhist Lineages of Tibet by Ringu Tulku,  Shambala Publications

Empfehlung:
The Tibetan Dhammapada - Sayings of the Buddha, Gareth Spraham, Wisdom Publications

Choosing Simplicity - A Commentary on the Bhikshuni Pratimoksha von Wu Yin, Bhikshuni and Shih, Jendy and Thubten Chodron
- Gelübde der vollordinierten Nonne gemäß der Dharmagupta Linie

Empfehlung:
The Sound of Two Hands Clapping: The Education of a Tibetan Buddhist Monk
, Geroges B.J. Dreyfus, University of California Press, 2003

Bücher zum Thema Sekten, destruktive Kulte und sexueller Missbrauch

deutschsprachig:

Meister, Gurus, Menschenfänger - über die Integrität spiritueller Wege, Ken Wilber, Bruce Ecker, Dick Anthony · Verlag Krüger oder Fischer Taschenbuch

Sekten. Wie Menschen ihre Freiheit verlieren und wiedergewinnen können von Margaret Thaler Singer, Carl-Auer-Systeme Verlag

Ausbruch aus dem Bann der Sekten - Steven Hassan - Psychologische Beratung für Betroffene und Angehörige · Rowohlt Taschenbuch Verlag

Psychomarkt, Sekten, Destruktive Kulte - Werner Gross - Deutscher Psychologen Verlag

Sex in der verbotenen Zone - Wie Männer mit Macht das Vertrauen von Frauen missbrauchen, Arbor Verlag 2002, von Peter Rutter (Untersuchung von sexuellem Missbrauch in Therapeut-Klient-, Lehrer-Schüler- und Seelsorge-Klient-Beziehungen.)

Terror für die Unsterblichkeit. Erlösungssekten proben den Weltuntergang von Robert J. Lifton, Carl Hanser Verlag

Psychokulte. Was Sekten für Jugdenliche so attraktiv macht, von G. Klosinski, München: C.H. Beck 

Die Stigmatisierung neuer Spiritueller Bewegungen in der Bundesrepublik Deutschland, Köln/Wien: Kalner Veröffentlichungen zur Religionsgeschichte 

Sekten. Im Bann von Sucht und Macht. Zürich 1995 von Hugo Stamm, Zürich 1995

Zwischen Allmacht und Ohnmacht. Untersuchungen zum Welt-, Gesellschafts- und Menschenbild von neureligiösen Bewegungen. Regensburg 1993, von Ulrich Müller und Anne Maria Leimkühler

englischsprachig:

Cults in Our Midst: The Continuing Fight Against Their Hidden Menace von Margaret Thaler Singer · Jossey-Bass

New Religious Movements in Western Europe. An Annotated Bibliography von Elisabeth Arweck und Peter B. Clarke · Greenwood Press

Encyclopedia of New Religious Movements, herausgegeben von Peter B. Clarke, Routledge

Feet of Clay: A Study of Gurus von Anthony Storr · HarperCollins Publisher

Empfehlung:
Sex and the Spiritual Teacher by Scott Edelstein

Books On Sexual Exploitation By Professionals - Selected and reviewed by James Park

DVD's

Empfehlung: Lehrer-Schüler-Beziehung (Vajrayana)
Words Of My Perfect Teacher, DVD, Featuring Dzongsar Khyentse Norbu,
Bestellung zur Zeit nur über über Namse Bangzo Bookshop möglich.

Empfehlung: Kultureller Hintergrund (tibetischer Buddhismus)
Angry Monk - Gendün Choepel, DVD, http://www.angrymonk.ch

An wen kann ich mich wenden?

Prinzipiell ist es hilfreich sich an eine Person zu wenden, die offen ist und zu der man Vertrauen aufbauen kann. Je besonnener man bei der Auswahl einer geeigneten Person vorgeht, desto besser. Solch eine Phase, des Hinterfragens und des Ausstiegs, ist eine Zeit tiefen inneren Umbruchs mit offenen Wunden und vielen inneren Zweifeln und Unsicherheiten. Man verlässt den gewohnten Schutz der Gruppe, sieht über den Tellerrand des bisherigen Denksystems und bewegt sich auf eine vorher so feindlich dargestellte Welt zu von der man sich weitgehend entfernt und entfremdet hat. Der Schritt des Austritts bedarf der eigenen inneren Öffnung; und das behutsam ausschauende Vertrauen sollte nicht erneut durch andere missbraucht werden.

Im Kontext buddhistischer Gruppen mit Sektenstrukturen ist es optimal, wenn der/die GespächspartnerIn über sehr gute Kenntnisse des Buddhismus verfügt, sich mit Gruppendynamiken bzw. Sektenstrukturen auskennt oder wenigstens Sachinformationen zur Gruppe hat und eine mitfühlende, offene Natur besitzt.

„Die beste Möglichkeit sich über eine Gruppe zu informieren, ist, ein ehemaliges Mitglied, oder zumindest einen schriftlichen Bericht eines Ehemaligen aufzutreiben … Ex-Mitglieder sind eine hervorragende Informationsquelle, denn keiner kennt die Sekteninterna besser als sie, zumal sie den Alltag am eigenen Leib erfahren haben.“ Steven Hassan. Ex-Munie, Sektenausstiegsberater und Psychologe

Es kann auch sehr nützlich sein, sich auf mehrere Quellen der Hilfe zu stützen und einen qualifizierten Psychologen aufzusuchen.

Prinzipiell war es für den Verfasser der Webseite und andere befreundete Aussteiger sehr schwer, kompetente Hilfe zu finden. Es gab einen Buddhismus Experten, der uns half und wir halfen uns gegenseitig durch Gespräche über unsere Erfahrungen und bei der Wohnungssuche. Von den vielen Buddhisten, die ich ansprach, hatten nur vier die Festigkeit der Sache offen und mitfühlend zu begegnen. Viele Buddhisten haben Berührungsängste mit diesem Thema oder ihnen fehlt das Hintergrundwissen, um helfen zu können. Eine Nonne, die sich an mehrere Psychologen wandte traf leider nur auf Unverständnis.

Wie kompetent der Ansprechpartner sein muss, hängt auch stark davon ab, wie tief man in die Gruppe und ihr Verständnis vom Buddhismus involviert war und wie weit man sich von der Außenwelt entfernt hat und durch Indoktrination verwirrt und emotional blockiert ist. Leichtere Fälle benötigen natürlich weniger tiefgreifende Hilfe.

Wenn Sie niemanden kennen den Sie ansprechen können, dann könnten Sie versuchen in der Linkliste, bei der DBU oder in Ihrem früheren Bekannten-Umfeld einen kompetenten und vertrauenswürdigen Ansprechpartner zu finden.
Mitte 2011 hat die DBU beschlossen, Strukturen und qualifizierte Ansprechpartner innherhalb der DBU und einen Ethik-Rat einzurichten, so dass sich Suchende, Fragende, Betroffene oder ihre Familien/Freunde an diese wenden können.
Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen auch eine Person – z.B. einen Psychologen bzw. eine Psychologin, der/die BuddhistIn ist oder eine/n erfahrene/n buddhistischen LehrerIn – oder eine Selbsthilfegruppe vermitteln, die Ihnen eventuell weiter helfen könnten.
Wenn sie daran Interesse haben, können Sie sich auch anonym an mich wenden.
Sie können auch erst einmal vorab die Vier Dinge lesen und sich sachkundig machen, um selbst geeignete Beratungsangebote oder qualifizierte Fachstellen zu finden und zu kontaktieren.

Viel Glück!